In diesem Artikel erfahren Sie alles Wichtige über die aktuellen Regeln für Handspiel im Fußball, deren praktische Anwendung und die Auswirkungen moderner Technologie auf Schiedsrichter-Entscheidungen im Fußball.
Das EM-Viertelfinale 2024 zwischen Deutschland und Spanien brachte eine der umstrittensten Handspiel-Szenen der jüngeren Fußball-Geschichte hervor. Marc Cucurellas Ballberührung mit dem Arm im deutschen Strafraum wurde trotz VAR-Einsatz nicht als Elfmeter gewertet – eine Entscheidung, die von der UEFA später als schwerwiegender Fehler eingestuft wurde. Über diese Szene haben zahlreiche Medien, darunter auch die DPA, ausführlich berichtet. Diese Szene verdeutlicht, wie komplex und diskussionswürdig Entscheidungen im modernen Fußball geworden sind. Die Folge eines Handspielvergehens kann je nach Spielsituation unterschiedlich ausfallen, etwa als Freistoß oder Strafstoß.
Seit der Einführung des VAR haben sich Handspiele zu einem der meistdiskutierten Themen unter Fußball-Fans entwickelt. Die Zahl der Handelfmeter in der Bundesliga stieg von durchschnittlich 36 pro Saison vor 2017 auf mittlerweile 65-85 jährlich. Gleichzeitig sorgen neue Regelauslegungen und technische Hilfsmittel für anhaltende Diskussionen über die richtige Beurteilung von diesen Vergehen. Etwas Unsicherheit bleibt dabei immer bestehen, da jede Situation individuell bewertet werden muss.
Was ist Handspiel im Fußball?

Definition des Handspiels nach FIFA/IFAB-Regelwerk
Das Handspiel ist in Regel 12 des IFAB/DFB-Regelwerks unter “Fouls und unsportliches Betragen” klar definiert. Ein Handspiel liegt vor, wenn ein Spieler den Ball absichtlich mit der Hand oder dem Arm berührt. Ein häufiger Fall ist, wenn der Ball den ausgestreckten Arm eines Spielers berührt. Seit 2020 wurde die Formulierung präzisiert: Maßgeblich ist jede Ballberührung der Hand oder des Arms, wenn sie als unnatürlich gilt oder eine absichtliche Einflussnahme auf das Spielgeschehen darstellt.
Grenze zwischen erlaubtem Schulter- und verbotenem Armkontakt
Eine entscheidende Grenze verläuft laut IFAB “am unteren Rand der Achselhöhle”. Alles unterhalb dieser Linie gilt als Arm und kann bei Ballkontakt zu einem Vergehen führen, während Berührungen oberhalb als erlaubter Schulter-Kontakt gelten. Diese anatomische Abgrenzung hilft Schiedsrichtern bei der Beurteilung kritischer Szenen.
Neben der Schulter ist auch der Kopf ein erlaubter Körperteil, mit dem der Ball im Spiel gespielt werden darf.
Unterscheidung zwischen absichtlichem und unabsichtlichem Handspiel
Die Unterscheidung zwischen Absicht und Unabsichtlichkeit bleibt zentral für die Regelauslegung:
- Absichtliches Handspiel: Aktive Bewegung der Hand zum Ball wird grundsätzlich geahndet
- Unabsichtliches Handspiel: Kann dennoch bestraft werden, wenn die Armhaltung die Körperfläche unnatürlich vergrößert oder unmittelbar vor einem Tor erfolgt
Ob ein Handspiel letztlich als strafbar bewertet wird, hängt immer von der jeweiligen Situation ab – der Schiedsrichter muss die konkrete Spielsituation und deren Kontext berücksichtigen.
In der Bundesliga-Saison 2024/25 wurde durchschnittlich 0,56 Hand pro Partie gepfiffen, wobei die meisten Vergehen gegen Verteidiger geahndet wurden.
Je nach Bewertung des Vergehens kann die Folge ein direkter Freistoß, ein Strafstoß oder eine Disziplinarmaßnahme wie eine Verwarnung oder ein Platzverweis sein.
Wann wird Handspiel geahndet?

Übersicht der Handspiel-Situationen und deren Ahndung
Spielsituation | Armhaltung | Ort auf dem Spielfeld | Entscheidung | Begründung |
|---|---|---|---|---|
Absichtliche Ballberührung | Ausgestreckter Arm | Strafraum | Elfmeter + Gelbe/Rote Karte | Verhinderung klarer Torchance |
Unnatürliche Vergrößerung des Körpers | Weit abgespreizter Arm | Strafraum / Spielfeld | Freistoß oder Elfmeter | Körperfläche wird unnatürlich vergrößert |
Ballkontakt mit angelegtem Arm | Eng am Körper | Strafraum / Spielfeld | Weiterspielen | Natürliche Körperhaltung, kein Vergehen |
Torerzielung mit Hand/Arm | Beliebig | Torraum | Tor aberkannt | Nulltoleranz bei Torerzielung |
Unabsichtliches Handspiel | Unterschiedlich | Strafraum | Gelbe Karte | Kein klarer Vorteil, Verhältnismäßigkeit |
Torwart nimmt Ball nach Rückpass auf | Beliebig | Eigener Strafraum | Indirekter Freistoß | Verbotene Ballaufnahme nach Rückpass |
Torwart spielt Ball mit Hand außerhalb Strafraum | Beliebig | Außerhalb Strafraum | Freistoß für Gegner | Torwart wie Feldspieler behandelt |
Diese Tabelle gibt einen kompakten Überblick über die wichtigsten Handspiel-Situationen, deren Bewertung und die daraus resultierenden Konsequenzen gemäß den aktuellen IFAB- und DFB-Regeln.
Absichtliche Ballberührung mit Hand oder Arm
Jede gezielte Bewegung der Hand oder des Arms zum Ball gilt als strafbares Handspiel. Bei der Bewertung eines absichtlichen Handspiels wird besonders auf die Absicht und die Hand-/Armhaltung des Spielers geachtet. Dies umfasst klassische Situationen wie das Verhindern einer Torchance mit ausgestrecktem Arm oder das bewusste Abwehren einer Flanke.
Unnatürliche Vergrößerung der Körperfläche durch Armhaltung
Eine unnatürliche Vergrößerung liegt vor, wenn die Armhaltung nicht zur normalen Körperbewegung passt, sondern gezielt den Körper breiter macht. Entscheidend ist, ob ein Spieler durch seine Armhaltung eine Barriere schafft – unabhängig von einer erkennbaren Absicht.
Torerzielung durch Hand- oder Armkontakt
Das “Nulltoleranz-Prinzip” besagt: Jedes Tor, das unmittelbar mit Hand oder Arm erzielt wird oder eine Torvorlage beinhaltet, die vom Arm ausgeht, ist selbst bei Unabsichtlichkeit zurückzunehmen.
Praktische Beispiele aus aktuellen Bundesliga-Spielen
In der Saison 2024/25 zeigten sich diese Regelauslegungen in konkreten Situationen:
Spielsituation | Position | Armhaltung | Entscheidung | Begründung |
|---|---|---|---|---|
Abgewehrte Flanke | Im Strafraum | Weit abgespreizt | Elfmeter | Unnatürliche Vergrößerung |
Abgefälschter Schuss | Außerhalb Strafraum | Eng am Körper | Weiterspiel | Natürliche Position |
Sturz mit Abstützen | Im Strafraum | Abstützend | Weiterspiel | Natürliche Bewegung |
Direkter Torschuss | Torraum | Ausgestreckt | Zurücknahme | Nulltoleranz bei Tor |
Ein bekanntes Beispiel aus der Bundesliga-Saison ist die kontroverse Handspiel-Szene mit Jamal Musiala, bei der sein Arm im Strafraum angeschossen wurde und der Schiedsrichter nach VAR-Überprüfung auf Elfmeter entschied. Solche Entscheidungen können das betroffene Team erheblich beeinflussen, indem sie die Taktik anpassen oder psychologische Auswirkungen auf die Spieler und das gesamte Team haben.
Besonderheiten für Torhüter

Handspiel-Regeln für Torhüter im eigenen Strafraum
Torhüter genießen im eigenen Strafraum besondere Privilegien und dürfen den Ball mit jedem Teil der Hand oder des Arms spielen. Diese Sonderregelung macht sie zu einer Ausnahme unter allen Feldspielern.
Darüber hinaus können die Eigenschaften der balls, wie Material oder Größe, je nach Liga, Altersklasse oder besonderen Bedürfnissen angepasst werden, was auch für Torhüter relevant ist.
Verbotenes Aufnehmen nach Rückpass oder Einwurf
Die Torwart-Privilegien entfallen in folgenden Fällen:
- Nach absichtlichem Rückpass mit dem Fuß von Teamkollegen
- Nach direktem Einwurf der eigenen Mannschaft
Sanktionen: Indirekter Freistoß statt Elfmeter
Bei Vergehen des Torhüters gibt es keinen Elfmeter, sondern einen indirekten Freistoß am Ort des Verstoßes. Ein Beispiel aus der Bundesliga: Der Torwart des 1. FC Köln erhielt 2025 einen indirekten Freistoß gegen sich, nachdem er nach Rückpass den Ball aufgenommen hatte.
Außerhalb des Strafraums gelten Torhüter als normale Feldspieler – jede Ballberührung mit der Hand ist dann strafbar wie bei jedem anderen Spieler.
Strafen und Sanktionen bei Handspiel
Direkter Freistoß als Grundstrafe
Die Grundstrafe für Handspiel ist der direkte Freistoß am Ort des Vergehens. Diese Spielfortsetzung ermöglicht es der geschädigten Mannschaft, das Spiel ohne Umweg über andere Spieler fortzusetzen.
Elfmeter bei Handspiel im Strafraum
Erfolgt das Handspiel im eigenen Strafraum, resultiert dies automatisch in einem Strafstoß. Diese Regel sorgt häufig für besonders emotionale Reaktionen, da ein Elfmeter oft spielentscheidend ist.
Gelbe Karte bei besonderen Umständen
Eine Gelbe Karte wird verhängt, wenn der Spieler:
- Durch Handspiel einen aussichtsreichen Angriff unterbricht
- Versucht, durch Handspiel einen unfairen Vorteil zu erzielen
- Das Hand als taktische Disziplinarmaßnahme einsetzt
Rote Karte bei Verhinderung klarer Torchancen
Die Rote Karte droht, wenn durch absichtliches Handspiel eine klare Torchance verhindert wird. Das klassische Beispiel ist die Torverhinderung auf der Linie mit der Hand.
Statistik: Anstieg der Handelfmeter durch VAR-Einführung
Seit Einführung des VAR stieg die Quote der per Video überprüften und gegebenen Handelfmeter in der Bundesliga von 14% auf 23%. Diese Entwicklung zeigt den erheblichen Einfluss der Technologie auf das Spiel.
Der Einfluss des Videoassistenten (VAR)
Wie VAR Handspiel-Entscheidungen verändert hat
Der VAR revolutionierte Handspiel-Entscheidungen grundlegend. Zeitlupen und Mehrfachwiederholungen machen selbst minimalste Handberührungen sichtbar, die im Live-Betrieb unentdeckt geblieben wären. Diese technische Präzision führte zu einer deutlich höheren Aufmerksamkeit für solche Situationen.
Zeitlupen-Analysen und deren Auswirkungen
Zeitlupen-Analysen können jedoch zu verzerrten Wahrnehmungen führen. Was in normaler Geschwindigkeit als unabsichtliche Ballberührung erscheint, wirkt in der Zeitlupe oft wie eine bewusste Bewegung. DFB-Seminare zeigen: Zeitlupen führen häufiger zu strikteren, manchmal als übertrieben wahrgenommenen Entscheidungen.
Entwicklung der Handelfmeter-Quote seit VAR-Einführung
Die Statistik spricht eine klare Sprache:
- 2016/17 (vor VAR): 36 Handelfmeter pro Bundesliga-Saison
- 2024/25 (mit VAR): 65-85 Handelfmeter pro Saison
Dieser Anstieg um mehr als 80% verdeutlicht die Auswirkungen der technischen Hilfsmittel auf das Spiel.
Kontroverse Entscheidungen der Saison 2024/25
Ein prominentes Beispiel lieferte das Spitzenspiel Bayer Leverkusen vs. RB Leipzig. Hier wurde ein Handelfmeter nach VAR-Intervention verhängt, obwohl der betroffene Spieler den Arm eng am Körper hielt. Die DFB-Schiedsrichterkommission räumte später Fehler in der Anwendung der Richtlinien ein.
Berühmte Handspiel-Kontroversen
Maradonas “Hand Gottes” bei der WM 1986 gegen England
Das berühmteste Handspiel der Fußball-Geschichte ereignete sich während der Weltmeisterschaft 1986. Diego Maradonas “Hand Gottes” gegen England zeigt, wie ein einziges Handspiel die Fußball-Geschichte prägen kann. Für Argentinien wurde diese legendäre Hand zu einem Symbol nationaler Fußballidentität und beeinflusste nachhaltig die Wahrnehmung des Landes im Weltfußball. Der argentinische Spieler erzielte das 1:0 per Hand – ein Verstoß, der vom Schiedsrichter nicht gesehen wurde und noch heute Diskussionen über technische Hilfsmittel im Fußball anheizt.
Marc Cucurellas Handspiel im EM-Viertelfinale 2024
Das EM-Viertelfinale 2024 zwischen Deutschland und Spanien brachte eine der umstrittensten Handspiel-Szenen der neueren Zeit hervor. Marc Cucurella berührte beim Stand von 1:1 den Ball mit dem weit abgespreizten Arm im deutschen Strafraum. Trotz VAR-Einsatz entschied der Schiedsrichter nicht auf Elfmeter.
UEFA-Nachbewertung als schwerwiegender Fehler
Die UEFA bewertete die Cucurella-Szene nachträglich als “serious error” – einen schwerwiegenden Fehler. Diese Einschätzung führte zu zusätzlichen Regelschulungen und Anpassungen in der Schiedsrichter-Ausbildung.
Auswirkungen auf Regel-Interpretationen
Beide historischen Beispiele – Diego Maradonas Handspiel 1986 und Cucurellas Vergehen 2024 – verdeutlichen die Notwendigkeit eindeutiger Regeldefinitionen und objektivierbarer Entscheidungsgrundlagen im modernen Fußball.
Aktuelle Regeländerungen 2024/25
Neue IFAB-Richtlinien für die Saison 2024/25
Das IFAB veröffentlichte zur Saison 2024/25 mehrere wichtige Präzisierungen der Handspiel-Regel. Neben England, Schottland und Wales ist auch Nordirland als einer der vier britischen Fußballverbände im IFAB vertreten und nimmt eine bedeutende Rolle bei der Mitbestimmung von Regeländerungen im internationalen Fußball ein. Diese Änderungen zielen darauf ab, einheitlichere Entscheidungen zu fördern und kontroverse Interpretationen zu reduzieren.
Änderungen bei unabsichtlichem Handspiel
Unabsichtliches Handspiel im Strafraum, das keinen klaren Vorteil verschafft, führt nur noch zu einer Gelben Karte, wo zuvor teilweise eine Rote Karte verhängt wurde. Diese Anpassung berücksichtigt die Verhältnismäßigkeit der Sanktionen.
Präzisierung der “unnatürlichen Körpervergrößerung”
Die Definition der “unnatürlichen Vergrößerung” wurde nochmals geschärft. Nun wird verstärkt auf die “absichtliche Bewegung” und die “Position des Arms im Verhältnis zum Spielverlauf” abgestellt. Diese Präzisierung soll Schiedsrichtern klarere Bewertungsmaßstäbe geben.
Umsetzung in Bundesliga und 2. Bundesliga
Für die deutsche Bundesliga und 2. Bundesliga wurden entsprechende Schulungen durchgeführt. In den ersten fünf Spieltagen der Saison 2024/25 wurden bereits 14 strittige Handspiel-Szenen nach den neuen Maßgaben bewertet, überwiegend nach VAR-Konsultation.
Tipps für Spieler und Trainer
Richtige Körperhaltung zur Vermeidung von Handspiel
Experten empfehlen Spielern, die Arme bei Defensivaktionen grundsätzlich hinter dem Körper zu verschränken oder eng am Körper zu halten. Diese Haltung minimiert das Risiko einer “unnatürlichen Vergrößerung” und reduziert die Wahrscheinlichkeit eines Handspiels erheblich.
Training der natürlichen Armhaltung
Im Nachwuchsleistungszentrum des FC Augsburg werden spezifische Übungseinheiten für “natürliche Armhaltung und Defensivverhalten” durchgeführt. Diese Trainingsmethoden können auch in anderen Teams implementiert werden:
- Übung 1: Defensive Zweikämpfe mit verschränkten Armen
- Übung 2: Sprungübungen mit korrekter Armhaltung
- Übung 3: Situatives Training bei Standards
Taktische Überlegungen bei Standards
Bei Ecken und Freistößen sollten Trainer besonders auf die Armhaltung der Spieler in der Mauer achten. Korrekte Positionierung kann entscheidende Elfmeter-Situationen verhindern.
Umgang mit VAR-Entscheidungen
Coaches werden geschult, Teams mental auf VAR-Situationen vorzubereiten. Emotionale Kontrolle und sachliche Kommunikation mit Schiedsrichtern gelten als Schlüsselkompetenzen, um unnötige Karten oder Proteste zu vermeiden.
Historische Entwicklung der Handspielregel im Fußball
Die Handspielregel im Fußball hat eine lange Geschichte, die bis zu den ersten offiziellen Fußballregeln im 19. Jahrhundert zurückreicht. Bereits 1863, als die Football Association in England die ersten Regeln festlegte, wurde das Spiel mit einer Hand grundsätzlich verboten. Damals war es Spielern nur erlaubt, den Ball mit dem Fuß zu spielen, während das Berühren mit der Hand als Verstoß galt. Eine Ausnahme bildeten die Torhüter, die später als eigene Position mit besonderen Rechten eingeführt wurden.
Im Laufe der Jahrzehnte wurde die Regel mehrfach angepasst, um den sich wandelnden Spielstil und die taktischen Entwicklungen zu berücksichtigen. Dabei wurden im Zuge der Regelentwicklung auch die Eigenschaften der balls, wie Material und Größe, für verschiedene Altersklassen und Wettbewerbe angepasst, um faire Spielbedingungen zu gewährleisten. So wurde 1891 das absichtliche Handspiel im Strafraum erstmals mit einem Strafstoß belegt, was die Bedeutung der Regel im Spiel erheblich erhöhte. Die genaue Definition dessen, was als Hand gilt, blieb jedoch oft vage und führte immer wieder zu kontroversen Entscheidungen.
Einfluss großer Handspiel-Szenen auf die Regelentwicklung
Berühmte Handspiel-Szenen haben die Diskussion um die Regel immer wieder neu entfacht und Einfluss auf deren Auslegung genommen. Das wohl bekannteste Beispiel ist Diego Maradonas „Hand Gottes“ bei der Weltmeisterschaft 1986 in Mexiko. Maradona erzielte damals im Viertelfinale gegen England ein Tor, das er mit der Hand eingeleitet hatte. Der Schiedsrichter übersah das Vergehen, was zu heftigen Diskussionen führte und die Bedeutung technischer Hilfsmittel im Fußball verstärkte.
Auch die Szene mit Marc Cucurella im EM-Viertelfinale 2024 zwischen Deutschland und Spanien ist ein modernes Beispiel, das die Debatte um Handspielregeln neu entfachte. Trotz klarer Handberührung im Strafraum wurde kein Elfmeter gegeben. Die UEFA bezeichnete diese Entscheidung später als schwerwiegenden Fehler und nutzte die Situation, um Schiedsrichter in der Anwendung der Regeln weiter zu schulen.
Die Rolle des IFAB und der FIFA bei der Regelgestaltung
Das International Football Association Board (IFAB) ist das Gremium, das weltweit für die Festlegung und Anpassung der Fußballregeln verantwortlich ist. Es besteht aus Vertretern der vier britischen Fußballverbände sowie der FIFA. Entscheidungen im IFAB benötigen eine Dreiviertelmehrheit, was sicherstellt, dass Regeländerungen breit abgestützt sind.
Die FIFA bringt dabei die Interessen der über 200 Mitgliedsverbände ein und sorgt dafür, dass die Regeln international einheitlich angewandt werden. Das IFAB trifft sich regelmäßig, um auf Basis von Spielbeobachtungen, Schiedsrichterberichten und technischer Entwicklungen Anpassungen vorzunehmen. Diese Regel wurde in den letzten Jahren besonders häufig diskutiert und angepasst, um Unklarheiten zu beseitigen und die Spielgerechtigkeit zu verbessern.
Technologische Entwicklungen und ihre Auswirkungen auf Handspielentscheidungen
Die Einführung des Video Assistant Referee (VAR) hat die Beurteilung von Handspiel-Situationen grundlegend verändert. Seit der Saison 2017/18 wird der VAR in vielen Profi-Ligen eingesetzt, um Schiedsrichter bei strittigen Entscheidungen zu unterstützen. Durch verschiedene Kameraperspektiven und Zeitlupenanalysen können selbst kleinste Ballberührungen mit der Hand erkannt werden.
Dies führte zu einem deutlichen Anstieg der geahndeten Handspiele und insbesondere der Handelfmeter. Während vor der VAR-Einführung durchschnittlich etwa 36 Handelfmeter pro Bundesliga-Saison gegeben wurden, sind es heute zwischen 65 und 85. Diese Entwicklung hat zwar zu mehr Regelkonformität geführt, aber auch zu neuen Diskussionen über die Auslegung der Regeln und den Einfluss der Technologie auf den Spielfluss.
Kontroversen und Herausforderungen bei der Umsetzung der Handspielregel
Trotz klarer Regeltexte bleibt die Beurteilung von Handspiel-Situationen eine Herausforderung für Schiedsrichter. Die Bewertung von Absicht, unnatürlicher Armhaltung und Körpervergrößerung erfordert viel Erfahrung und Fingerspitzengefühl. Zudem führt die Verfügbarkeit von Zeitlupenaufnahmen oft zu unterschiedlichen Wahrnehmungen bei Fans, Spielern und Experten.
Ein weiteres Problem ist die unterschiedliche Interpretation in verschiedenen Ligen und Wettbewerben, obwohl das IFAB klare Regeln vorgibt. Die Einführung von Schulungen und Richtlinien, wie sie etwa nach der Cucurella-Szene erfolgten, soll die Einheitlichkeit verbessern. Dennoch bleibt das Thema Hand ein Dauerbrenner in der Fußballwelt.
Praktische Tipps für Spieler zur Vermeidung von Handspiel
Um Handspiel-Vergehen zu vermeiden, sollten Spieler ihre Armhaltung bewusst kontrollieren. Experten empfehlen, die Arme bei Defensivaktionen möglichst eng am Körper zu halten und unnatürliche Bewegungen zu vermeiden, die als Körpervergrößerung gewertet werden könnten. Besonders bei Standardsituationen wie Ecken und Freistößen ist auf die Positionierung der Arme zu achten.
Trainingsprogramme in Nachwuchsleistungszentren integrieren deshalb Übungen zur natürlichen Armhaltung und situativem Verhalten. Diese Maßnahmen helfen nicht nur, Fouls zu vermeiden, sondern fördern auch ein besseres Verständnis für die Regel und deren Anwendung im Spiel.
Medien und Öffentlichkeit: Die Rolle von Berichterstattung und Diskussionen
Die Berichterstattung über Handspiel-Szenen hat in den letzten Jahren stark zugenommen. Medien wie die DPA, große Sportzeitungen und Online-Portale analysieren kontroverse Situationen ausführlich und tragen so zur öffentlichen Meinungsbildung bei. Namen wie Tom Weller, ein bekannter Sportfotograf, werden oft mit ikonischen Bildern von Szenen verbunden, die Emotionen und Diskussionen anheizen.
Auch prominente Spieler wie Jamal Musiala, die in Handspiel-Situationen involviert waren, stehen im Fokus der Medien. Experten wie der ehemalige Schiedsrichter Roberto Rosetti kommentieren regelmäßig Regeländerungen und strittige Entscheidungen, was zur Transparenz und Verständlichkeit beiträgt.
Zukunftsperspektiven: Wie könnte sich die Handspielregel weiterentwickeln?
Die Handspielregel wird sich auch in Zukunft weiterentwickeln, um den Anforderungen des modernen Fußballs gerecht zu werden. Mögliche Ansätze sind eine noch präzisere Definition von Absicht und Körperhaltung, der verstärkte Einsatz von Technologie und automatisierten Systemen sowie eine verbesserte Schulung von Schiedsrichtern.
Zudem wird diskutiert, wie der Spielfluss besser geschützt werden kann, ohne die korrekte Anwendung der Regeln zu gefährden. Die Balance zwischen technischer Genauigkeit und Spielunterbrechungen bleibt eine zentrale Herausforderung. Fußballverbände und das IFAB arbeiten kontinuierlich daran, diese Regel so zu gestalten, dass sie für Spieler, Schiedsrichter und Fans nachvollziehbar und fair bleibt.
Fazit und Ausblick
Das Handspiel bleibt auch nach den neuesten Regelanpassungen eines der komplexesten und diskussionswürdigsten Themen im Fußball. Die Einführung des VAR hat die Zahl der geahndeten Handfouls deutlich erhöht und gleichzeitig neue Kontroversen geschaffen. Von Diego Maradonas legendärer “Hand Gottes” bis zu den modernen VAR-Entscheidungen zeigt sich, wie sehr sich die Beurteilung von Hand entwickelt hat.
Die aktuellen Regeländerungen für die Saison 2024/25 zielen darauf ab, klarere Richtlinien zu schaffen und die Einheitlichkeit der Entscheidungen zu verbessern. Für Fußball-Fans, Spieler und Trainer ist es wichtiger denn je, die nuancierte Regel zu verstehen und praktisch anzuwenden.
Mit der ständigen Weiterentwicklung der Regeln und dem fortschreitenden Einsatz technischer Hilfsmittel wird das Handspiel auch künftig ein zentrales Thema bleiben. Der Fokus liegt dabei auf der Balance zwischen technischer Präzision und der Bewahrung des natürlichen Spielflusses – eine Herausforderung, die den Fußball auch in Zukunft beschäftigen wird.
FAQ zum Handspiel im Fußball
Was gilt als Handspiel im Fußball?
Ein Handspiel liegt vor, wenn ein Spieler den Ball absichtlich mit der Hand oder dem Arm berührt oder wenn die Armhaltung unnatürlich die Körperfläche vergrößert und dadurch ein Vorteil entsteht. Die Grenze zwischen erlaubtem Schulterkontakt und verbotenem Handspiel verläuft am unteren Rand der Achselhöhle.
Wann wird ein Handspiel mit einem Elfmeter bestraft?
Ein absichtliches Handspiel im eigenen Strafraum führt in der Regel zu einem Elfmeter für die gegnerische Mannschaft. Auch unabsichtliche Hand, das unmittelbar eine Torchance verhindert, kann bestraft werden.
Welche Strafen drohen bei Handspiel?
Je nach Schwere und Absicht des Handspiels kann der Schiedsrichter einen direkten Freistoß, eine Gelbe Karte oder eine Rote Karte verhängen. Eine Rote Karte gibt es insbesondere, wenn durch Hand eine klare Torchance verhindert wird.
Haben Torhüter andere Handspiel-Regeln?
Ja, Torhüter dürfen den Ball im eigenen Strafraum mit der Hand spielen, unterliegen jedoch Einschränkungen, etwa beim Aufnehmen nach Rückpässen. Außerhalb des Strafraums gelten für Torhüter die gleichen Regeln wie für Feldspieler.
Wie beeinflusst der Videoassistent (VAR) Handspiel-Entscheidungen?
Der VAR ermöglicht eine genauere Überprüfung von Handspiel-Situationen durch Zeitlupen und verschiedene Kameraperspektiven. Das führt zu mehr geahndeten Handspielen, sorgt aber auch für Diskussionen über die Auslegung der Regeln.
Was war die „Hand Gottes“?
Die „Hand Gottes“ bezeichnet das berühmte Handspiel von Diego Maradona bei der Weltmeisterschaft 1986, als er ein Tor mit der Hand erzielte, das vom Schiedsrichter nicht erkannt wurde. Dieses Ereignis ist eines der bekanntesten Beispiele für kontroverse Hand-Situationen.
Wie haben sich die Handspiel-Regeln zuletzt geändert?
Seit der Saison 2024/25 wurden die Regeln präzisiert, insbesondere die Definition der unnatürlichen Armhaltung und die Sanktionen bei unabsichtlichem Handspiel im Strafraum. Ziel ist eine einheitlichere und klarere Anwendung der Regeln.
Wo verläuft die Grenze zwischen erlaubtem Schulterkontakt und Handspiel?
Die Grenze verläuft am unteren Rand der Achselhöhle. Berührungen oberhalb gelten als Schulterkontakt und sind erlaubt, alles darunter als Armkontakt und potenziell strafbar.
Kann ein Tor aberkannt werden, wenn es mit der Hand erzielt wurde?
Ja, Tore, die direkt mit der Hand oder dem Arm erzielt werden, werden zurückgenommen, unabhängig davon, ob das Handspiel absichtlich war oder nicht.
Wie können Spieler Handspiel vermeiden?
Spieler sollten ihre Arme möglichst eng am Körper halten und unnatürliche Armhaltungen vermeiden, um das Risiko eines Handspiels zu reduzieren. Trainingseinheiten zur natürlichen Armhaltung können dabei helfen.






